Natalie Müller erarbeitet sich eine neue Welt: Mit 31 Jahren hat sie einen Ausbildungsplatz als Verwaltungsfachangestellte beim Magistrat Offenbach bekommen, hat ihre familiäre Situation geklärt und sieht für sich und ihre zwei kleinen Kinder zukünftig Chancen über Chancen.
Das war nicht immer so! Aufgewachsen bei ihrer Großmutter, wanderte Natalie Müller mit ihrer Mutter und deren Ehemann nach ihrem Realschulabschluss nach Tunesien aus. Dort wollte sie eine Ausbildung im Bereich Modedesign, die sie vor ihrer Ausreise begonnen hatte, fortführen, musste diese jedoch wegen ihrer ersten Schwangerschaft abbrechen. Zurückgekehrt nach Deutschland kümmerte sie sich um ihre kleine Familie, während ihr Ehemann arbeiten ging. Allein Hausfrau und Mutter zu sein, erfüllte Natalie Müller jedoch nicht, zumal es in ihrer Ehe kriselte und sie sich mehr und mehr isoliert fühlte.
Weiterbildung in der FAW Offenbach
Natalie Müller nahm Kontakt zur MainArbeit, dem kommunalen Jobcenter der Stadt Offenbach, auf. Ihre persönliche Ansprechpartnerin, Frau Voelkel, half ihr intensiv, sich eine neue Orientierung und eine tragfähige Unabhängigkeit zu erarbeiten. Es stellte sich durch Testungen heraus, dass Natalie Müller besondere Talente in den Bereichen Büro, Verwaltung und Recht hat. Daher wurde sie von der MainArbeit zur weiteren Unterstützung in eine vermittlungsorientierte Weiterbildung in der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) gGmbH in Offenbach eingebucht.
Im Angebot „EVA, Einstieg und Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt“ nahm FAW-Seminarleiterin Rosalie Beyer den von der Main-Arbeit und Natalie Müller eingeschlagenen Weg auf und unterstützte die junge Mutter in ihrem Bewerbungsprozess, zumal Natalie Müller im Profiling mit Rosalie Beyer ihre beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten bestätigte. In der Akquise um einen Ausbildungsplatz als Verwaltungsfachangestellte ging Rosalie Beyer auf die Stadt Offenbach zu. Obwohl die Bewerbungsfrist schon abgelaufen war, konnte sie im Magistrat der Stadt erreichen, dass Natalie Müller noch ins Bewerbungsverfahren aufgenommen wurde. Nach nur zwei Tagen Vorbereitungszeit auf das Testverfahren des Magistrats schaffte Natalie Müller den Test. Trotz starker Bedenken, da sie die einzige Bewerberin ohne Abitur war, meisterte die junge Mutter nach einer guten Vorbereitung durch Rosalie Beyer jede Herausforderung vom Logiktest bis zur Selbstpräsentation souverän.
Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung
Seit September 2020 durchläuft Natalie Müller nun ihre Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten. Rosalie Beyer unterstützte sie bis dahin mit weiteren auf die Ausbildung vorbereitenden Lehrinhalten, mit der Klärung von Mobilität und Flexibilität, dem Ordnen der finanziellen Möglichkeiten, der Akquise eines Hortplatzes für die achtjährige Tochter und somit der Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung. Zunächst war Natalie Müller in ihrer Ausbildung in der Poststelle eingesetzt, derzeit bereitet sie mit ihren Kolleg*innen die Briefwahl der Stadt Offenbach vor und spürt, wie wichtig ihre Arbeit und ihre Zuverlässigkeit an jeder Stelle der Verwaltung sind. Gleichzeitig ist sie begeistert über den Zusammenhalt und die Unterstützung unter den Kolleg*innen und Ausbilder*innen. Auch die Berufsschule fällt ihr immer leichter, nachdem sie sich an das Lernen wieder gewöhnt hat. Sowohl die Verwaltung als auch die Berufsschule bieten Möglichkeiten digitalen Arbeitens, wodurch die Corona-Pandemie nicht zu einer Unterbrechung der Ausbildung führte.
Von ihrem Mann lebt Natalie Müller inzwischen getrennt, auch wenn die Doppelbelastung Familie und Ausbildung enorm sind. Sie weiß aber, dass sie sich und ihren Kindern dadurch Möglichkeiten der Sicherheit, Bildung und Entwicklung erarbeitet. „Es ist der richtige Weg, den ich eingeschlagen habe!“, betont Natalie Müller, denn sie durchläuft nun eine grundständige Ausbildung und will sich danach über den Mittleren zum Gehobenen Dienst in der Verwaltung weiterqualifizieren. „Ohne die Unterstützung der MainArbeit und der FAW wäre dieser Weg nicht möglich gewesen“, weiß die 31-Jährige und hofft, dass noch viele weitere Menschen diese Hilfen bekommen und nutzen werden.