Herr Thomas, Ihre Funktionsbezeichnung füllt eine halbe Visitenkarte. Was macht ein „Leiter des Kompetenzzentrums für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen im Bereich Nord / Ost“?
Kurz ist die Bezeichnung wirklich nicht, das stimmt (lacht). Aber das Aufgabengebiet ist auch sehr vielfältig, insofern passt die Länge schon zum Jobprofil. Letztlich geht es darum, dass wir Menschen mit einer erworbenen Hirnschädigung, z.B. nach einem Unfall oder einer Erkrankung, dabei helfen, bestmöglich wieder ins Arbeitsleben zurückkehren zu können. Ich unterstütze das vor allem in der Netzwerkarbeit und fachlich beratend.
Können Sie uns die beiden Bereiche kurz beschreiben?
Netzwerkarbeit bedeutet, dass ich den Kontakt zu vielen verschiedenen Menschen und Institutionen pflege, die sich mit der Rehabilitation von Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen beschäftigen. Das sind deshalb so viele, weil neurologische Schädigungen oft komplex sind und kaum ein Fall dem anderen gleicht. Außerdem arbeiten wir am Übergang von der medizinischen zur beruflichen Rehabilitation. Das heißt, unsere Rehabilitandinnen und Rehabilitanden kommen in der Regel aus einer medizinischen Reha oder stehen kurz vor deren Abschluss. Mit uns bereiten sie sich dann konkret auf die Rückkehr ins Arbeitsleben vor, wobei aber in der Regel therapeutische und medizinische Maßnahmen weiterlaufen. Man könnte auch sagen: Der Reha-Prozess geht weiter, aber mit einer stärkeren Ausrichtung auf die soziale und berufliche Teilhabe.
Zu meinen Netzwerkpartnern gehören deshalb sowohl Kliniken mit neurologischem Schwerpunkt als auch Leistungsträger wie die Deutsche Rentenversicherung, Unfallkassen und Berufsgenossenschaften sowie andere Fachleute rund um das Thema Neuro-Rehabilitation und Teilhabe.
Eng damit verbunden ist die fachliche Beratung. Das Gebiet der Neuro-Rehabilitation entwickelt sich schnell. Deshalb ist es sehr wichtig, immer up to date zu bleiben, was medizinische und therapeutische Fragen angeht. Das Gleiche gilt für die gesetzlichen Grundlagen unserer Arbeit und für die Entwicklungen in der Zusammenarbeit mit unseren Kostenträgern.
Das klingt stark nach Lesen, Theorie … In Ihrer vorhergehenden Arbeit haben Sie stark praktisch gearbeitet. Kommt die Arbeit mit Menschen für Sie jetzt nicht zu kurz?
Nein, denn ich habe durchaus direkten Kontakt zu Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, begleite z.B. Erstgespräche an unseren Standorten. Es ist sehr wichtig, nicht nur theoretisch zu arbeiten, ich brauche den regelmäßigen Blick in die Praxis.
„In meiner Rolle habe ich viele Möglichkeiten mitzugestalten.
Dabei habe ich immer Raum zum freien Denken.“
Insgesamt sehe ich meine jetzige Arbeit mehr als Weiterentwicklung meiner früheren Tätigkeit auf einer fachlichen Ebene. Ich arbeite eingebunden in das Team des Fachbereichs Rehabilitation und eng mit den Kompetenzzentrumsleiterinnen in den anderen Regionalbereichen der FAW zusammen – und natürlich mit meinen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern an den Akademien in Berlin, Cottbus, Hamburg, Hennigsdorf, Kiel, Lübeck und Rostock. Wir alle beschäftigen uns gemeinsam mit der Frage, wie wir jeden Betroffenen bedarfsorientiert begleiten können.
Würden Sie das als den wesentlichen Kern Ihrer Arbeit bezeichnen?
Was den Sinn meiner Arbeit angeht, auf jeden Fall! Denn hinter dem nüchternen Wort „bedarfsorientiert“ verbirgt sich die bestmögliche Leistung für unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Um dies sicherzustellen, auch in Kooperation mit Fachleuten außerhalb der FAW, nutzen wir das Verfahren Case-Management.
Genauso wichtig wie der individuelle Ansatz ist für mich persönlich die fachliche Weiterentwicklung. Dazu gehört z.B., dass ich Themen aus meiner Zeit vor der FAW weiterverfolgen kann, etwa den Bereich der Trauma-Folgen-Nachsorge.
In meiner Rolle habe ich viele Möglichkeiten mitzugestalten – ob in Forschungsprojekten in Zusammenarbeit mit Hochschulen oder gemeinsam mit externen Expert*innen bei der Entwicklung einer Fortbildung für unsere interne Personalentwicklung. Dabei habe ich immer Raum zum freien Denken. Und die FAW ist dafür offen.
Ich danke Ihnen für das Gespräch!