Erfahren Sie im Job-Interview mehr über ihre anspruchsvolle Arbeit – und wie Maureen Kleinschmidt trotz ihrer chronischen Erkrankung hoch motiviert und erfolgreich sein kann.
Frau Kleinschmidt, psychische Erkrankungen sind die häufigste Ursache für Fehlzeiten in Unternehmen. Nehmen diese Erkrankungen auch aus Ihrer Perspektive zu?
Ja, das nehme auch ich so wahr. Vor allem fällt mir auf, dass sie immer komplexer werden. Das heißt, dass immer mehr Menschen unter einer Kombination aus psychischen Erkrankungen leiden, zum Beispiel von Schizophrenie und Borderline-Störung oder von Depression und Phobien. Das verstärkt das Leiden der Betroffenen natürlich sehr und macht auch unsere Arbeit anspruchsvoller.
Ziel Ihrer Arbeit im Projekt „Mittendrin“ ist es, Menschen mit psychischen Erkrankungen wieder in Arbeit zu bringen. Wie machen Sie das?
Genau genommen ist unsere Aufgabe noch nicht, dass unsere Teilnehmer*innen direkt in den Job einsteigen. Dafür gibt es in der Regel noch zu viele Probleme. Wir führen die Menschen Schritt für Schritt an den Arbeitsmarkt heran. Je nach Situation des Betroffenen helfen wir, die Schranken, die einem Wiedereinstieg in Arbeit im Wege stehen, zu beseitigen oder zu kompensieren.
Es ist wichtig, am Anfang genau hinzusehen, wie es den Betroffenen gerade geht – auch aufsuchend, d.h. bei den Teilnehmenden zu Hause. Die Menschen kommen zu uns von Jobcenter, Integrationsfachdienst oder manchmal auch vom Übergangsmanagement der Justizvollzugsanstalt. In manchen Fällen hat noch die medizinische Versorgung Priorität, dann unterstützen wir z.B. Arztbesuche, die Suche von Therapeuten oder die Einweisung in eine Klinik.
Mit welchen psychischen Erkrankungen kommen die Teilnehmenden zu Ihnen?
Am häufigsten sind Depressionen, gefolgt von teils paranoiden Psychosen und Schizophrenien. Zugenommen haben die Posttraumatischen Belastungsstörungen, z.B. nach sexuellem Missbrauch oder anderen Gewalterfahrungen. In allen Maßnahmen waren auch Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung vertreten.
Oft hat die psychische Erkrankung starke Spuren in der Alltagsbewältigung hinterlassen. Das heißt, schon einfache Aktivitäten, die einen geregelten Tagesablauf ermöglichen – vom Aufstehen, Waschen bis zum Einkaufen – stellen die Betroffenen vor große Herausforderungen. Dazu bauen wir die Präsenz-Zeiten in der Maßnahme Schritt für Schritt von 3,5 auf 6,5 Stunden aus.
„Die Arbeit mit Menschen mit psychischen Handicaps erfordert neben einer hohen Fachlichkeit und Erfahrung viel Empathie, Verlässlichkeit und zugewandte Kommunikation. Maureen Kleinschmidt bringt diese Kompetenzen mit und stellt sie seit vielen Jahren mit Begeisterung in den Dienst der FAW – und vor allem der zahlreichen Menschen, die sie auf dem Weg ins Berufsleben begleitet hat! Für diese Arbeit verdient sie Respekt und ein großes Dankeschön – gut, dass wir Maureen Kleinschmidt bei uns haben!“
Xenia Rechner, stellv. Leiterin Fachbereich Berufliche Rehabilitation der FAW
Das Thema Beruf und Arbeit schließt sich also erst an?
Um die konkrete Berufswegeplanung geht es erst in der Phase 2, wenn die grundlegende medizinische, psychologische und organisatorische Situation der Teilnehmenden ausreichend stabil ist. Aber grundlegende Fragen zu Arbeit und Beruf stellen wir schon in der ersten der drei Phasen der Maßnahme: Welche Fähigkeiten bringe ich mit? Wo will ich hin? Was kann ich realistisch leisten? Das sind einige der Fragen, die wir gemeinsam bearbeiten.
In der dritten Phase wird es dann immer konkreter – mit fachspezifischem Unterricht, Erprobungen im Rahmen von Praktika in Unternehmen und der Unterstützung bei der Bewerbung. Und immer wieder gelingt auch der direkte Einstieg in Arbeit aus unserem Projekt. Das motiviert natürlich besonders.
Mit „Mittendrin“ sind Sie sehr erfolgreich, haben inzwischen 21 Durchgänge mit über 200 Teilnehmer*innen geleitet – und dies trotz einer chronischen Erkrankung. Wie schaffen Sie das?
Mit 14 Jahren wurde bei mir Multiple Sklerose diagnostiziert. Die Krankheit beeinträchtigt mich schon, aber in Phasen. Das wichtigste ist also Flexibilität in der Arbeitszeit – und die bekomme ich in der FAW. Am wichtigsten ist für mich, dass ich diese Arbeit gern mache und das Ergebnis stimmt. Vielleicht kann ich vor dem Hintergrund meiner Erkrankung dem einen oder anderen sogar noch mehr Mut machen.
Vielen Dank Frau Kleinschmidt für das Gespräch!