Maurice war 22 Jahre alt, als er im Januar 2022 zu „Auf Kurs“ kam. Nach seinem Hauptschulabschluss hatte er eine Ausbildung im Straßentief- und Rohrleitungsbau begonnen, sie aber nach zwei Jahren abgebrochen. Seit fast drei Jahren hatte er nun keinen Berufsalltag mehr und sein Tagesrhythmus war entsprechend durcheinander.
Mit „Auf Kurs“ wollte er sich wieder neu strukturieren und endlich beruflich Fuß fassen.
Zwischen Berufsorientierung und privaten Herausforderungen
Maurice startete motiviert, schrieb an seinem Lebenslauf und recherchierte Firmen, bei denen er seine angefangene Ausbildung beenden konnte. Ganz überzeugte ihn das jedoch nicht, sodass er schon bald seinen ersten Berufswunsch an den Nagel hing und sich für eine Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker interessierte. Rückblickend eine kurze Episode, denn die berufliche Orientierung war für Maurice nicht einfach und von Zweifeln geprägt.
Zudem zeigte sich, dass private Probleme seinen Alltag und sein mentales Befinden häufig beeinflussten. Maurice wollte etwas ändern und mit „Auf Kurs“ seine berufliche Zukunft gestalten, konnte seine guten Vorsätze aber nicht regelmäßig umsetzen. Wegen der Schwere seiner Themen war er häufig nicht anwesend und mehrere Tage oder Wochen nicht erreichbar. Es kam mehr als einmal vor, dass unser „Auf Kurs“-Team dachte, sie müssten Maurice abmelden, da er seiner Mitwirkungspflicht nicht mehr nachkam.
Und dann stand er wieder in der Tür, wollte es anpacken, wusste um seine Baustellen und war dankbar für die professionelle Begleitung durch unser Team. Mit viel Vertrauen und Durchhaltewillen konnten wir diese Krisenzeiten gemeinsam überstehen. Mit therapeutischer Hilfe wollte er zudem mentale Stabilität erlangen und sowohl für seine familiären Themen als auch für seine berufliche Zukunft neue Kraft schöpfen.
Ein neues berufliches Ziel
Nach etlichen Gesprächen, Berufseignungstests und Recherchen auf dem Ausbildungs- und Stellenmarkt wurde irgendwann deutlich: Maurice möchte nicht mehr zurück ins Bauhandwerk.
Anfang 2023 berichtete er in Gesprächen immer häufiger, dass er sich für die Kunst des Tätowierens begeistert. Von seinem Ersparten hatte er sich bereits eine eigene Ausrüstung gekauft und setzte auf Kunsthaut erste Nadelstiche. Erstmals erlebte unser Team diese Art von Tatendrang bei ihm.
Auch in seinem Privatleben setzte Maurice einen neuen Impuls: Ein Hundewelpe brachte ihm, neben anfangs schlaflosen Nächten, viel Struktur und Bewegung. Anfangs war unser Team skeptisch, ob Maurice seinen Fokus auf die Jobsuche dadurch verlieren könnte, aber er bewies Verantwortungsbewusstsein und Disziplin. Sein mentales Befinden wurde durch seinen kleinen Wegbegleiter deutlich besser und er entwickelte einen geregelten Tagesablauf.
Für seinen Traumberuf fertigte Maurice bei „Auf Kurs“ eine Mappe mit seinen Kunstwerken an und sammelte Informationen zu allem Wissenswerten über die Kunst des Tätowierens. Sein Ziel war nun klar: Er wollte Tätowierer werden.
Der Weg zum Traumberuf
„Tätowierer*in“ ist in Deutschland kein anerkannter Ausbildungsberuf. Viele bringen sich diese Kunst selbst bei und/oder werden in einem Tattoo-Studio von professionellen Tätowierer*innen angelernt.
Damit Maurice sicher gehen konnte, dass dieser Beruf zu ihm passt, rieten wir ihm zu einem Praktikum. Die Suche danach gestaltete sich schwieriger als erwartet. Viele Studios hatten keine Kapazitäten für einen Praktikanten. Maurice blieb jedoch am Ball. In einem Magdeburger Tattoo-Studio ergatterte er schließlich einen Praktikumsplatz.
Im September 2023 startete Maurice sein zweiwöchiges Praktikum. Das Feedback des Studio-Inhabers war deutlich: „Maurice gehört an die Nadel. Er ist absolut talentiert und zeigt sehr viel Ehrgeiz und Durchhaltevermögen im Praktikumsalltag. Er ist zuverlässig und jeden Tag pünktlich.“ Er bot sogar an, Maurice auszubilden und später anzustellen. Nach dieser großartigen Rückmeldung stimmte die zuständige Jugendberufsagentur zu, das Praktikum auf insgesamt zwei Monate zu verlängern. Maurice konnte so weiter Erfahrungen sammeln und seinen Tagesrhythmus festigen.
Eine ganz entscheidende Frage blieb jedoch offen: Wie könnte Maurice' Berufseinstieg finanziert werden? Immerhin muss er das Tätowieren erst richtig lernen, bevor er als Angestellter Geld verdienen kann. Eine richtige Ausbildungsvergütung gibt es nicht, da der Beruf keine anerkannte Ausbildung ist.
Gemeinsam mit der Jugendberufsagentur schmiedeten wir den Plan, Maurice' Berufseinstieg über einen Eingliederungszuschuss für den Arbeitgeber zu unterstützen. Ein Termin, bei dem wir gemeinsam mit Maurice alles Weitere besprechen wollten, musste jedoch krankheitsbedingt ausfallen.
Ende Oktober 2023 hatte Maurice seinen letzten Tag bei „Auf Kurs“. Im Abschlussgespräch beschlossen wir, weiter in Kontakt zu bleiben und die gemeinsam gesteckten Ziele zu verfolgen. Einen halben Monat später konnten wir den Termin mit der Jugendberufsagentur nachholen. Das Ergebnis: Maurice macht vorerst erneut ein zweimonatiges Praktikum in dem Tattoo-Studio und erhält dafür sogar eine kleine Vergütung. Ende Januar 2024 soll dann endgültig der Berufseinstieg mittels Eingliederungszuschuss besiegelt werden.
Wir sind begeistert von dieser tollen Entwicklung! Maurice darf sich auf seine Laufbahn im Tattoo-Gewerbe freuen und sein zukünftiger Arbeitgeber über einen talentierten Angestellten.
Ein Gewinn für beide Seiten – besser geht es kaum!
Über „Auf Kurs“
„Auf Kurs“ ist ein niedrigschwelliges Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene im Auftrag des Jobcenters Landeshauptstadt Magdeburg. Unser Team unterstützt die Teilnehmenden mit individuellem Coaching und Gruppenarbeiten dabei, schwierige Lebenssituationen zu meistern und eine nachhaltige Lebens- und Berufsperspektive zu erarbeiten.
Wenden Sie sich bei Fragen gern an unser Team:
Telefon: 0391 280389-80 oder 0391 280389-81
E-Mail: auf-kurs-magdeburg@faw.de